Auf den ersten Blick sehen wir einen kunstvoll gestalteten, bunten Schmetterling. Aber nur auf den ersten Blick.
Denn bei genauerer Betrachtung erzählen Leib und Flügel des Schmetterlings eine Geschichte. Auf dem Hintergrund der überaus bunten Flügel erscheinen drei Menschen. In der Mitte ein grausam hingerichteter Mann, die Hände an die Schmetterlingsflügel genagelt und die Füße an den Schmetterlingskörper.
Neben ihm stehen zwei Menschen. Eine Frau mit blutigen Knien unter dem zerrissenen Gewand und auf der anderen Seite ein Mann in Trauer. Sofort denken wir an die Kreuzigungsszene mit Jesus, Maria und Johannes.
Aber das ist nur vordergründig.
Denn dass diese Szene in den Schmetterling hineingestaltet ist, lässt ahnen, dass hier etwas Grundlegendes gemeint ist. Die Umwandlung des Schmetterlings von einer kriechenden Raupe über eine leblose Puppe zu einem Luftwesen, das scheinbar nichts mehr mit der Raupe gemein hat und doch das selbe Tier ist, war schon immer ein Bild für die Hoffnung der Menschheit, dass der Tod nicht das Ende unserer Existenz bedeutet, sondern nur ein Ruhestadium ist, hin zu einem freien, unauslöschlichem Leben, in dem die irdischen Grenzen keine Rolle mehr spielen.
Diese Hoffnung ist in allen Religionen der Welt zu finden und somit eine Menschheitshoffnung. Frau und Mann stehen für die leidende Menschheit, die darauf wartet, dass diese Vision Wirklichkeit wird.
Doch hier ist auch schon das Besondere, die Kritik an der allgemeinen Hoffnung zu erkennen.
Es geht nicht ohne diesen gekreuzigten Menschen in der Mitte. Über seinem Kopf erkennen wir eine Krone und so etwas wie einen Leuchter.
Der gekreuzigte Mensch ist gekrönt worden, zum König über alles, selbst über Leben und Tod.
Sein Licht weist den Weg zur Auferstehung, zum ewigen Leben.
Ja, ohne ihn gibt es kein ewiges Leben, er ist mit dem Schmetterling verwoben, er ist die Auferstehung und die Ewigkeit.
Die Menschen, die sich seinen Flügeln anvertrauen, gehören zu ihm, werden eingezeichnet in die Maserung des Schmetterlings und werden mit ihm frei. Endlich fallen der Schmerz, der Tod und alles Leid ab und es bleibt die bunte Leichtigkeit und Schönheit.
Doch die Zeichen, an denen der auferstandene Christus und die auferstandene Menschheit erkannt werden, sind die Male des Schmerzes und des Leides, ist die Geschichte des Einzelnen mit Gott, die ihn in Ewigkeit zu einem unverwechselbaren Einzelwesen bei Gott machen.
Peter Unger